Qualitative Interviews
Wann und warum bezeichnen sich Menschen mit einer Hörschädigung als „beruflich erfolgreich“? Welche biographischen Erfahrungen haben Einfluss auf ihren Berufserfolg? Welche Faktoren waren stützend, welche waren eher hemmend?
Auf solche Fragen wollten wir am Ende des Projektes Antworten geben können. Methodisch haben wir hierfür einen Ansatz der qualitativen Sozialforschung gewählt. In halbstrukturierten leitfadengestützten Interviews befragten wir Menschen mit einer Hörschädigung zu ihrem beruflichen Werdegang. Damit sollte sichergestellt werden, dass die wesentlichen Kernfragen angesprochen wurden.
Forschungsleitende Fragen waren unter anderem:
- Was waren entscheidende Erfahrungen, die während der Schulzeit und in der Ausbildung/im Studium gemacht wurden? Gab es besondere Rahmenbedingungen oder Unterstützungssysteme, die das Lernen begünstigt haben?
- Welche Rolle spielt rückblickend die Herkunftsfamilie in Bezug auf den heutigen Berufserfolg?
- Gab es prägende lebensgeschichtliche Ereignisse oder Wegbereiter/Wegbegleiter auf dem Weg zur aktuellen beruflichen Situation?
- Welchen Herausforderungen und Hürden sind sie dabei begegnet und wie sind sie damit umgegangen? Wie beschreiben die Interviewpartner ihren Umgang mit Misserfolgen und Schwierigkeiten beim Zugang zu Wissen und Bildung?
- Welche Rolle spielen die verschiedenen Modi der Kommunikation wie lautsprachliche Fähigkeiten, Gebärdensprachkompetenz oder Schriftsprachniveau im beruflichen Alltag?
- Welche Hilfsmittel/Unterstützungssysteme haben die Interviewpartner eingesetzt, um kommunikative Schwierigkeiten erfolgreich zu meistern?
- Welche Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz erleben sie als förderlich oder als hinderlich für das Vorankommen im Beruf?
- Welche Erfahrungen haben die Interviewpartner mit dem System von helfenden Institutionen gemacht?
- Was unterscheidet aus ihrer Sicht erfolgreiche hörende Menschen von erfolgreichen hörgeschädigten Menschen?
- Was sollte sich ändern, damit mehr hörgeschädigte Menschen beruflich erfolgreich sein können?
Sprache im Interview
Die Sprache der Interviews konnten die Interviewpartner frei wählen, also Lautsprache, Gebärdensprache oder Mischformen mit lautsprachbegleitenden Gebärden. Die Interviewerin war zusätzlich zu ihrer wissenschaftlichen Qualifikation staatlich geprüfte Gebärdensprachdolmetscherin und konnte sich der jeweiligen kommunikativen Situation anpassen.
Der Erhebungszeitraum umfasste 11 Monate. Vom März 2014 bis Februar 2015 führten wir insgesamt 32 Interviews, davon 11 in DGS und 21 in Lautsprache (teilweise mit lautsprachbegleitenden Gebärden). Die Interviews dauerten durchschnittlich 1 Stunde und 37 Minuten. Die Transkripte umfassen knapp 1000 Seiten.