Erfolgreiche gehörlose und schwerhörige Menschen im Beruf

Arbeits- und Lebenswelten, Bildungsgeschichten und Personen

Inhaltsbereich

Empfehlungen
für gehörlose und schwerhörige Menschen

Auseinandersetzung mit der eigenen Gehörlosigkeit oder Schwerhörigkeit

Eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Hörbehinderung ist eine elementare Grundlage für eine erfolgreiche berufliche Laufbahn. Sie bedeutet, dass man sehr gute Kenntnisse hat zu den Auswirkungen der Hörbehinderung für die eigene Person wie für die Menschen im engeren und weiteren sozialen Umfeld, zu den technischen und personellen Hilfsmöglichkeiten sowie zu den gesetzlichen Regelungen.

Zentral ist auch der Kontakt zu anderen gehörlosen und schwerhörigen Menschen in vergleichbarer Situation, um aus deren Erfahrungen zu lernen und daraus sein Selbstbewusstsein zu stärken.

Persönlichkeitsbildung

Eine umfassende Persönlichkeitsbildung betrifft vor allem solche Kompetenzen wie Selbstbewusstsein, Selbstständigkeit, eine hohe Motivation und Beharrlichkeit. Solche Kompetenzen beziehen sich auf persönliche Eigenschaften und Einstellungen; man spricht auch von „Soft Skills“. Diese sind von großer Bedeutung bei der Bewältigung der Anforderungen am Arbeitsplatz.

Zusammen mit den Hard Skills, gemeint sind die fachlichen Fähigkeiten und Kompetenzen, bilden sie die berufliche Handlungskompetenz einer Person. Da aber Fachwissen allein nicht ausreicht für beruflichen Erfolg, müssen Soft Skills möglichst früh gefördert werden.

Schriftsprachkompetenz

Eine gute Schriftsprachkompetenz ist eine wichtige Voraussetzung und Bedingung für beruflichen Erfolg und muss deshalb bei gehörlosen und schwerhörigen Menschen besonders gefördert werden. In der heutigen Arbeitswelt wird eine Vielzahl von arbeitsrelevanten Informationen und Nachrichten auf elektronischem Weg, also schriftsprachlich, übermittelt. In diesen Informationskreislauf muss man umfassend und vollständig eingebunden sein, um sich selbst aktiv und kompetent beteiligen zu können.

Auslandserfahrungen

Der Kontakt zu hörenden wie gehörlosen oder schwerhörigen Menschen in anderen Ländern fördert die Persönlichkeitsentwicklung. Die Begegnung mit anderen Kulturen, das Kennenlernen anderer (Gebärden-)Sprachen sowie die Erfahrung, in einem anderen Kulturkreis zurechtzukommen und trägt zur Stärkung des Selbstvertrauens bei. Daher sollten gehörlose und schwerhörige Menschen die Chance auf Auslandsaufenthalte nutzen.

Weiterbildung und Lebenslanges Lernen

Weiterbildung und die Bereitschaft, offen zu sein und Neues zu lernen, sind wichtige Voraussetzungen, um beruflich erfolgreich zu werden und zu bleiben. "Lebenslanges Lernen" unterstützt den beruflichen Erfolg. Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote sollten so gestaltet sein, dass gehörlose und schwerhörige Menschen in der von ihnen bevorzugten Kommunikationsform (Laut- und/oder Gebärdensprache) teilnehmen können.

Kommunikative Kompetenz

Berufstätige Menschen mit einer Hörbehinderung benötigen Strategien zu einer effektiven Kommunikation mit anderen Menschen. Sie müssen auf ihre kommunikativen Bedürfnisse und auf hilfreiche Unterstützungsmöglichkeiten hinweisen sowie ihre Hilfen (technische und personelle Hilfen) organisieren und in den Berufsalltag integrieren.

Kommunikative Strategien sind von großer Bedeutung, um sich selbstbewusst den Erfordernissen der Arbeitswelt zu stellen. In Seminaren und Workshops können gehörlose und schwerhörige Menschen beispielsweise zu Themen wie Konfliktmanagement oder Gesprächsführung trainieren, wie man in Verhandlungen seine eigene Position vertritt. In Kollegenseminaren können beide, die Menschen mit einer Hörbehinderung und ihre hörenden Kollegen, lernen, wie Kommunikation gelingen kann.

Initiative ergreifen

Gehörlose und schwerhörige Berufstätige müssen initiativ sein und ihr Arbeitsumfeld, insbesondere ihre Vorgesetzen und nächsten Kolleginnen und Kollegen, über ihre Hörbehinderung und individuellen Bedarfe informieren.

Dabei ist es wichtig, dass man in den Vorgesetzten sowie Kolleginnen und Kollegen Partner sieht und Probleme offen anspricht. Regelmäßige Gespräche mit dem oder der Vorgesetzen können helfen, um bei Problemen zeitnah gemeinsam nach guten Lösungen zu suchen. Im Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen muss man klar benennen: „Das hilft mir – das hindert mich“.

Hilfsmittel

Initiative und Ausdauer sind erforderlich, um notwendige technische sowie personelle Hilfsmittel für eine gleichberechtigte Teilhabe an allen wichtigen Prozessen des Arbeitsablaufs nutzen zu können. Trotz eines ausgebauten Hilfesystems für Menschen mit einer Hörbehinderung (Integrationsämter u.a.) mit den gesetzlich geregelten Zugangsmöglichkeiten wird über institutionelle Trägheit berichtet. Wenn ein Antrag abgelehnt wird, sollte man nicht gleich aufgeben, sondern Widerspruch einlegen oder Kontakt aufnehmen zum Behindertenbeauftragten.

Selbst-Achtsamkeit

Großes berufliches Engagement und eine hohe Arbeitsintensität birgt die Gefahr der persönlichen Überforderung. Gehörlose und schwerhörige Menschen müssen eine besondere Achtsamkeit für sich selbst entwickeln und für einen Ausgleich zur beruflichen Aktivität sorgen. Wenn berufliche Krisen auftreten, hilft oft schon der Austausch mit anderen berufstätigen Menschen mit Hörbehinderung oder auch das Engagement in Verbänden von gehörlosen oder schwerhörigen Menschen. Daneben kann man auch professionelle Hilfen in Anspruch nehmen.

Engagement in Verbänden

Die Organisationen für Betroffene in Deutschland (Deutsche Gesellschaft der Hörgeschädigten – Selbsthilfe und Fachverbände, Deutscher Gehörlosen-Bund, Deutscher Schwerhörigenbund, Bundesarbeitsgemeinschaft Hörbehinderter Studenten und Absolventen etc.) haben zum Ziel, auf die spezifischen Belange gehörloser und schwerhöriger Menschen in Gesellschaft und Politik aufmerksam zu machen.

Die Organisationen für Betroffene in Deutschland sind gut in der Gemeinschaft der gehörlosen und schwerhörigen Menschen verankert. Sie haben Gewicht innerhalb des politischen Systems und ihre Funktionsträger wirken in den entsprechenden Ausschüssen der Bundes- und Landesministerien. Daher sollten noch mehr beruflich erfolgreiche gehörlose und schwerhörige Personen solche Funktionen einnehmen. Diese können sowohl als Rollenmodell als auch als „Vorkämpfer“ gehörloser und schwerhöriger Menschen in den Institutionen des politischen Systems fungieren.